Ein Lob auf den Esstisch

Ein Lob auf den Esstisch

Mar 12, 2025

Früher stand das Feuer im Zentrum des menschlichen Zusammenlebens. Diese Aufgabe hat heute der Esstisch: Er verbindet uns Menschen.

 

Die Zähmung des Feuers gilt als Wendepunkt und größte Errungenschaft in der Geschichte der Menschheit. Fortan versammelten wir uns um die wärmenden und Licht spendenden Flammen. Wir kochten, arbeiteten und tauschten uns am Feuer aus. Es schützte uns auch vor Angriffen wilder Tiere. Mythologien entstanden und wurden weitererzählt, wie die der Griechen, dass der Titan Prometheus gegen den Willen des mächtigen Zeus den Göttern das Feuer stahl, um es den Menschen zu bringen.

Seitdem sind Jahrtausende vergangen. Unser Heimatplanet düste immer wieder um die Sonne, während wir Menschen uns flächendeckend auf seiner Oberfläche ausbreiteten und Ideen entwickelten, die unser Dasein komfortabler machten. Heute leben wir überwiegend in Wohnungen und Häusern, die Wände, Fenster, Tür und Dach haben. Wir sind nicht mehr auf das Feuer angewiesen, denn wir haben Heizung und elektrisches Licht erfunden, wir kochen am Herd und arbeiten an Schreibtischen oder Werkbänken.

In jüngster Zeit verlagert sich auch unser zwischenmenschlicher Austausch neu. Um miteinander kommunizieren zu können, benötigen wir nicht mehr die Interaktion in der natürlichen Umgebung. Es gibt Funk und Satelliten, die im Gedrängel der Umlaufbahnen über der Erde rotieren und Internet ermöglichen. Die digitale Welt vernetzt uns miteinander. Gleichzeitig minimiert sie die Notwendigkeit zwischenmenschlichen Zusammenkommens in der physischen Welt. Das bewerten wir auch als Verlust.

Aber zurück zum Feuer wollen wir auch nicht. Nur marginal nutzen wir es noch als verbindendes Element: Wenn wir im Sommer grillen, beim Lager- und Osterfeuer, oder wenn wir vor dem Kamin beisammensitzen und in die züngelnden Flammen blicken. Dann überkommt uns dieses archaische Gefühl und im Angesicht der rotfunkelnden Glut haben wir eine romantisierende Vorstellung davon, wie wohlig es damals wohl war, als sich unsere Vorfahren am Feuer versammelten, sich wärmten, kochten und einander Geschichten erzählten.

Lagerfeuer in dunkler Nacht

"Der Esstisch übernimmt die Funktion, die einst das Feuer hatte."

Doch wenn etwas verdrängt wird, entsteht Platz für Neues. Was also ist heute der Mittelpunkt unseres physischen Lebens? Wo, wenn nicht vor dem Feuer, treffen wir uns in der wirklichen Welt?

Die Antwort steht fest auf vier Beinen: Der Esstisch hat diese Rolle erhalten. Heute versammeln wir uns rund um den Tisch. Auf Stuhl, Hocker, Bank oder Sessel nehmen wir an ihm Platz, um gemeinsam zu essen, trinken, spielen oder basteln. Am Esstisch kommen Familien, Generationen, Freunde, Fremde, Kolleginnen und Nachbarinnen zusammen, um sich aus zu tauschen. Der Tisch ist der Knotenpunkt, der uns Menschen verbindet. An ihm erfahren wir, was unsere Mitmenschen persönlich erlebt oder in der Weite der Welt geschehen ist. Am Esstisch teilen wir unsere Sorgen und Freuden. Das gute Tischgespräch wertet unser Leben auf und bringt uns Menschen jeden Tag in der realen Welt zusammen: Wir lachen, weinen, diskutieren, philosophieren, scherzen, streiten, feiern, hören einander zu und schweigen auch miteinander.

Der Esstisch in unserem Zuhause ist nicht nur ein Möbel, sondern ein Ort der sozialen Interaktion. Der Tisch ist die gute Seele in unseren vier Wänden, wo Erinnerungen geteilt und Geschichten erzählt werden - wie damals am Feuer.



JANNIS ELLENBERGER. Desginer.

„Mich reizt es, die ursprünglichen und natürlichen Dinge zu kultivieren. Dabei ist mir Nachhaltigkeit eine Herzensangelegenheit. Unsere Möbel werden handwerklich gefertigt, sind 100% ökologisch und absolut regional.“